#29 I Andreas Caminada über Nachwuchsförderung, kulinarisches Erbe und seine Liebe zum Detail

Andreas Caminada ist Drei-Sterne-Koch, Unternehmer und Gründer der Uccelin Stiftung – und eine der prägendsten Persönlichkeiten der europäischen Spitzengastronomie. In dieser Folge sprechen wir über Führung durch Präsenz, den Mut zur Kontinuität, den Wert von Saisonalität und erfahren, dass er nicht immer gerne im Vordergrund stand, sondern sich dies mit der Zeit erarbeitet hat. 

Gelernt von Andreas: 

 

1. Vom Bauchgefühl zum Drei-Sterne-Imperium

Andreas Caminada erzählt, wie er mit nur vier Angestellten und null Managementerfahrung das Schloss Schauenstein übernahm – aus dem reinen Wunsch heraus, einen besonderen Ort zu schaffen. Dabei setzte er von Anfang an auf Intuition und Qualität, nicht auf Businesspläne.

Learnings für die Gastronomie:

  • Entscheidungen nicht nur rational, sondern auch emotional treffen – Bauchgefühl zählt!
  • Du brauchst nicht alles zu wissen, aber du musst es machen wollen. Erfahrung kommt durch Tun.
  • Räume mit Charakter und Geschichte können Gäste emotional binden – auch abseits der Tourismuszentren.

 

2. Führung heißt Präsenz und Vorbild sein

Caminada beschreibt seine Rolle heute als Gastgeber, Leader und Mentor. Er steht dafür, täglich Präsenz im Betrieb zu zeigen, Details im Blick zu haben und durch kleine Gesten wie ein „Guten Morgen“ Wirkung zu entfalten.

Learnings für die Gastronomie:

  • Sichtbarkeit vor Ort ist keine Kür, sondern Pflicht – Gäste und Mitarbeitende wollen echte Begegnungen.
  • Vorleben statt anleiten: Wer selbst Zigarettenstummel aufsammelt, motiviert das Team zum Mitdenken.
  • Wertschätzung im Alltag zeigt sich in kleinen Gesten – Präsenz, Haltung, Details.

 

3.  Die Kraft des Gartens und der Saisonalität

Die eigene Landwirtschaft ist für Caminada Inspirationsquelle, Qualitätsgarant und Identitätsanker. Der Garten ist nicht nur Rohstofflieferant, sondern auch kulinarischer Kompass.

Learnings für die Gastronomie:

  • Ein eigener Garten – oder Partnerschaften mit lokalen Erzeugern – ermöglichen maximale Frische und Kreativität.
  • Saisonalität gibt Struktur, reduziert Komplexität und sorgt für Wiedererkennbarkeit.
  • Auch exotische Produkte (z. B. Chilis oder Nopales) lassen sich lokal kultivieren – kreative Vielfalt ist überall möglich.

 

4. Die Uccelin Stiftung – Ausbildung als Kulturauftrag

Mit seiner Stiftung fördert Caminada jedes Jahr 20 junge Talente durch internationale Stages bei Spitzenbetrieben. Ziel: Horizont erweitern, Exzellenz fördern und Kultur weitergeben.

Learnings für die Gastronomie:

  • Nachwuchsförderung braucht Struktur – wer zurückgeben will, sollte aktiv Programme schaffen.
  • Partnerschaften mit Topbetrieben bieten jungen Talenten echte Entwicklungsperspektiven.
  • Talente wachsen durch Austausch – Auslandserfahrungen sind nicht Kür, sondern Schlüssel zur Exzellenz.

 

5. Mut zur Weiterentwicklung und Wirtschaftlichkeit

Caminada beschreibt offen den Druck, wirtschaftlich tragfähig zu bleiben, trotz Qualitätsanspruch. Preiserhöhungen erfolgten stets behutsam – und erst, als Strukturen, Team und Nachfrage es trugen.

Learnings für die Gastronomie:

  • Investiere erst, wenn die Basis steht – dann aber entschlossen.
  • Preise mit Augenmaß anpassen – transparent und nachvollziehbar für Stammgäste.
  • Wirtschaftlichkeit ist keine Schwäche, sondern Voraussetzung für Exzellenz auf Dauer.

 

6. Kontinuität, nicht Hype

Andreas ist kein Freund von ständiger Veränderung – er liebt Kontinuität, Wiedererkennbarkeit und Verlässlichkeit, sowohl beim eigenen Menü als auch beim Essengehen.

Learnings für die Gastronomie:

  • Nicht jeder Trend muss mitgemacht werden – Gäste schätzen Kontinuität.
  • Signature Dishes und klare Handschrift schaffen Wiedererkennung.
  • Loyalität entsteht durch Qualität, nicht durch permanente Neuerfindung.

 

Fazit: Vorbild sein und selbst mit anpacken

Caminadas Weg zeigt eindrucksvoll: Nachhaltige Exzellenz braucht eine starke Haltung, Verantwortung für andere und den Mut zur Langfristigkeit.
Für Gastronomen bedeutet das:

  • Schaffe Orte mit Seele, die über das Tellergericht hinausgehen.
  • Sei präsent – nicht nur auf Social Media, sondern im Betrieb.
  • Fördere junge Talente und teile dein Wissen. Exzellenz beginnt mit Großzügigkeit.

Wer heute führt, muss mehr sein als ein guter Koch: Gastgeber, Vorbild, Kulturträger. Andreas Caminada lebt es vor.